Mantra-Yoga und Mantraweihe: Bedeutung und Technik

Im ersten Teil zum Thema Mantra hast du ein paar wissenswerte Informationen rund um Mantra, Kirtan und Satsang erfahren und konntest hoffentlich etwas für dich mitnehmen. Im folgenden Blogbeitrag erfährst du, was genau Mantra-Yoga ist und was es mit der Mantraweihe auf sich hat.

Mantra-Yoga und Mantraweihe

Was ist Mantra-Yoga?

Mantra-Yoga ist eine Meditationspraxis, die sich auf das Singen heiliger Silben zusammen mit einer bewussten Atmung und einem meditativen Fokus konzentriert, um den Geist zu beruhigen, spirituelle Energie zu entwickeln und Zustände der Erleuchtung zu erreichen. Die Praxis des Mantra-Singens gilt als eine der einfachsten und dennoch kraftvollsten Meditationsformen.

Mantra-Yoga ist die Jahrtausende alte Wissenschaft der Klangschwingung. Sie begründet sich auf dem Glaubenssystem, dass alles, was wir tun, mit einer bestimmten Art von Energie zu tun hat; unsere Gedanken, Worte, Handlungen und Emotionen sind alle Teil eines größeren energetischen Feldes, das Prana oder Lebenskraft genannt wird. Wenn wir etwas denken oder tun, senden wir eine Welle von Energie in die Welt hinaus. Wenn wir ein Mantra immer und immer wieder wiederholen, richten wir diese Energie nach innen, was uns erlaubt, unser tieferes Selbst anzuzapfen und eine größere Kontrolle über unseren Geist zu erlangen.

Was genau macht man bei Mantra-Yoga?

Beim Mantra-Yoga rezitiert der oder die Übende wiederholt ein bestimmtes Mantra, um einen tiefen meditativen Zustand zu erreichen. Das Singen dieser heiligen Klänge dient dazu, den Geist auf die Bedeutung und Schwingung der Worte zu konzentrieren. Wenn sich das Bewusstsein des Praktizierenden um die Wiederholung des heiligen Klangs, seine Aussprache und seine Bedeutung dreht, wird eine geistige Energie erzeugt, die für spirituelle Belange und zur Verbindung mit dem Göttlichen genutzt werden kann.

Üblicherweise gibt der Yoga-Lehrer oder die Yoga-Lehrerin ein Mantra vor, welches die Asanas oder fließende Sequenzen unterstützt. Der Sonnengruß z.B. eignet sich sehr gut, um einen Mantra-Yoga-Flow auszuprobieren: 

  • Om Mitraya Namaha - Ausgangsposition: Hände vor der Brust zusammen geben
  • Om Ravaye Namaha - einatmend, die Arme hoch und zurück
  • Om Suryaya Namaha - ausatmend, Hände neben die Füße
  • Om Bhanave Namaha - einatmend, rechtes Bein nach hinten
  • Om Khagaya Namaha - ausatmend, linkes Bein dazu: Stützposition, Atem anhalten
  • OM Pushne Namaha - ausatmend, 8-Punkte Stellung
  • Om Hiryanyagarbhaya Namaha - einatmend, in die Kobra
  • Om Marichaye Namaha - ausatmend, in den herabschauenden Hund
  • Om Adityaya Namaha - einatmend, rechtes Bein zwischen die Hände platzieren
  • Om Savitre Namaha - ausatmend, das linke Bein dazu: Vorwärtsbeuge
  • Om Arkaya Namaha - einatmend, die Arme hoch und zurück
  • Om Bhaskaraya Namaha - ausatmend, die Arme in die Ausgangsposition

Das bekannte Gayatri Mantra und das Shakti Mantra eignen sich auch besonders gut, um es mit dem Sonnengruß zu verbinden. 

Hast du während dem Mantra-Yoga erst den perfekten Rhythmus gefunden, so wird die Yogapraxis zu einer bewegten Meditation, welche dich in einen sogenannten Flow-State versetzt: Du erfährst Augenblicke der Ruhe und des inneren Friedens.

Wie das Gebet oder Affirmationen kann auch die wiederholte Ausführung eines Mantras kraftvolle Auswirkungen auf Geist, Körper, Seele und Emotionen haben. Geistig steigert Mantra-Yoga die Konzentration und verbessert Gedächtnis und Fokus. Auf körperlicher Ebene senkt die Japa-Meditation die Herzfrequenz, verringert den Blutdruck und aktiviert die Entspannungsreaktion, sodass die Selbstheilung angeregt wird. Außerdem stärkt sie das Selbstvertrauen und die Selbstermächtigung, baut Stress ab und bringt die Emotionen ins Gleichgewicht. Spirituell gesehen sollen Mantras das schlechte Karma auflösen, Jnana (Weisheit) hervorbringen und gelten als einer der vielen yogischen Wege zur Selbstverwirklichung. Wie immer wird eine tägliche oder möglichst routinierte Yogapraxis empfohlen, um die bestmögliche Wirkung erfahrbar zu machen. 

Mantra-Diksha: Das alte Ritual der Mantraweihe und seine Bedeutung

Wenn du deine Sadhana (spirituelle Praxis) mit Hilfe von Yogapraktiken vertiefen möchtest und Mantras zum festen Bestandteil davon werden sollen, wirst du dich vielleicht früher oder später mit der Mantraweihe befassen. 

Die Mantraweihe (auch Mantra Diksha) ist eine Einweihung in ein bestimmtes Mantra und aktiviert die innewohnende Kraft eines Mantra - das Mantra-Shakti. Mantra Diksha stärkt die Verbindung zum eigenen höheren Selbst und ultimativ auch zum göttlichen Quell. Dabei wird die spirituelle Kraft des Mantra auf den Yogaschüler übertragen und soll ihn ab diesem Zeitpunkt sein ganzes Leben lang begleiten und den spirituellen Pfad unterstützen.

In Indien z.B. ist die Mantra-Meditation eine der beliebtesten Meditationsformen. Ein Großteil der Menschen in Indien, die meditieren, tun dies mit einem Mantra und haben im Laufe ihres Lebens auch eine Mantra-Einweihung erhalten. 

Die Schüler lernen, wie man das Mantra richtig ausspricht und rezitiert und geben ein Versprechen ab, mit dem Mantra jeden Tag mindestens 20-30 Min zu meditieren. 

Zuvor werden die 6 Teile des Mantra genau besprochen und sind Teil der Einweihung. So befasst sich z.B. der erste Teil mit dem Rishi, dem sogenannten Seher des Mantra, der Erleuchtung erfahren hat. Mit der Weihe in das Mantra tritt man in die Guru Linie ein, innerhalb derer Mantras und andere spirituelle Praktiken weitergegeben werden.

Wie läuft eine Mantraweihe ab?

Am Tag der Einweihung wird gefastet und Gaben vorbereitet: Geldspende, Obst und Blumen. Diese werden dann auf einem feierlichen Teller dargeboten. Die Avahana-Mantras sind der Beginn des Rituals, mit Hilfe derer man den göttlichen Segen anruft. Anschließend wird die Guruparampara-Shakti angerufen und Achamana, d.h. die Reinigung mit Reinigungsmantras, wird durchgeführt, damit man und der Eingeweihte sehr empfänglich werden und der Segen des Göttlichen fließen und übertragen werden kann. 

Dann werden drei sakrale Pulversubstanzen aufgetragen, sodass das dritte Auge geöffnet wird. Es folgt die Verbeugung vor dem Göttlichen und das abwechselnde Sprechen des Mantras mit dem Eingeweihten, damit die Aussprache richtig geübt wird. Danach wird gemeinsam mit dem Eingeweihten das Mantra laut und anschließend geistig wiederholt. Während dieser Zeit wird die Kraft des Mantras übertragen. Anschließend verbeugt man sich und geht für mindestens 20 Minuten in Meditation. 

Nach der Mantraweihe wird empfohlen, sich Zeit zu nehmen und die nächsten Tage mit Ruhe anzugehen. Daher ist es immer besser, die Mantra-Diksha in einem Ashram oder Yogazentrum zu machen, um sich vom Alltag abzukapseln und den besonderen Moment ungestört zu integrieren und auf sich wirken zu lassen. 

Wir hoffen, wir konnten dir die Welt der Mantras näher bringen und du hast wissenswerte Informationen für dich mitgenommen. 

Lokah Samastah Sukhino Bhavantu

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